Wie erlebten Bürger den Nationalsozialismus in Delmenhorst und Umgebung? Was passierte mit „Behinderten“, die nicht Hitlers Rassenlehre entsprachen? Fragen, die man am besten von Zeitzeugen beantworten lässt, denn sie waren live dabei und können von persönlichen Schicksalen berichten.
So wie Katharina Stüwe, geboren 1930, die den Klassen 10d und 10e schilderte, wie es in der Stadt Dinklage unter dem Hakenkreuz aussah, wie sich die Menschen durch die NS-Ideologie veränderten und das Leben der Juden eingeschränkt wurde.
Friedrich Buhlrich hatte Fotos seiner drei Stiefgeschwister mitgebracht und berichtete den Klassen 9a und 9e vom Mord an Menschen mit Behinderung zur NS-Zeit. Er wurde adoptiert und hatte noch drei Stiefgeschwister, die Hitlers Rassenlehre zum Opfer fielen. Weil sein Bruder eine leichte körperliche und geistige Behinderung hatte, wurde er in eine „Heil- und Pflegeanstalt“ gebracht, in der er nach kurzer Zeit verstarb. Wie, ist bis heute nirgendwo vermerkt. Dass es sich um Euthanasie handelte, wie Hitler die Morde an sogenannten „erbkranken“ Menschen bezeichnete, wurde deutlich, als auch die beiden geistig und körperlich gesunden Schwestern in Heime kamen, nur weil sie mit ihrem Bruder verwandt waren. Sie starben nach wenigen Monaten an den Folgen von Essensentzug und der daraus resultierenden Schwächung des Immunsystems, die dazu führte, dass die Heiminsassen an eigentlich harmlosen Krankheiten wie Erkältung starben. Als Friedrich Buhlrichs Adoptivmutter sich darüber beschweren wollte, wurde ihr nahegelegt, Briefe mit „Heil Hitler“ zu unterschreiben, da sonst auch sie in Lebensgefahr sein würde.
Den Mund aufmachen und es nicht geschehen lassen und dadurch Beihilfe zu leisten – das war der Appell Friedrich Buhlrichs an seine jugendlichen Zuhörer. Denn in einer Zeit, in der Rechtsextremisten wieder Antisemitismus, Hetze gegen Andersdenkende und rassenideologisches Gedankengut verbreiten, sollte sich jeder an die NS-Zeit erinnern und mutig sein, dagegen den Mund aufzumachen, damit es nie wieder zu solch menschenverachtender Politik kommt. Wir danken Katharina Stüve und Friedrich Buhlrich für ihre aufrüttelnden Zeitzeugen-Schilderungen sowie unseren beiden Geschichtslehrerinnen Anna Hannemann und Julia Deutschländer für die Organisation. So bleibt in den Köpfen unserer Schülerinnen und Schüler, was nie vergessen werden darf.